Durch Entwicklung agentenbasierter Modelle untersucht SUSIC wie sich dezentrale Entscheider in einem komplexen Netzwerk für zukunftsweisende Technologien entscheiden, und welche Auswirkungen dies auf Wertschöpfung in der Region hat. Hierbei wird die Adoption von Aufdachphotovoltaik von Eigenheimbesitzern und Versickerungsanlagen und Gründächern bei Wohnungsunternehmen betrachtet. Die Einbettung in eine technische Modellinfrastruktur ermöglicht wirtschaftlich-technische Betrachtungen der Rückwirkung auf den Betrieb des kommunalen Energiesystems und somit eine holistischere Systemsicht.
Laufzeit: 06.2019 - 12.2021
Mittelgeber: SMWK Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
Beteiligte Organisationseinheiten der UL: Energiemanagement und Nachhaltigkeit, Umwelttechnik in der Wasserwirtschaft/Umweltmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen (Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement), Finanzwissenschaft (Institut für öffentliche Finanzen und Public Management), Schwarmintelligenz und Komplexe Systeme (Institut für Informatik)
SUSIC: Smart Utilities and Sustainable Infrastructure Change
Hintergrund
Städte beziehungsweise Regionen sind keine statischen Gebilde, sondern dynamische Systeme, in denen zahlreiche verschiedene Akteure in Beziehung treten, deren Entwicklung durch externe Faktoren beeinflusst wird und gleichzeitig durch interne Prozesse teilweise endogen gesteuert werden kann. Der Abbau von Kooperationshemmnissen und die Erleichterung von Transformationsprozessen kann durch partizipative Ansätze weitergetrieben werden; allerdings sind das energie- und siedlungswasserwirtschaftliche sowie das klimapolitische Gestaltungsvermögen der Kommunalverwaltung im Hinblick auf die Transformation urbaner und regionaler Infrastruktursysteme häufig begrenzt und zahlreiche Innovationen für Nachhaltigkeitstransformationen erfolgen auf privaten Grundstücken und somit nicht im öffentlichen Raum. Dies erfordert es, mit den Grundstückseigentümern eine große und heterogene Akteursgruppe in die Infrastrukturentwicklung einzubeziehen, die durch spezifische Handlungs- und Entscheidungslogiken gekennzeichnet ist und Entscheidungen weitgehend autonom fällt. Für die erfolgreiche Weiterentwicklung von Infrastrukturen müssen Lösungen gefunden werden, um autonome Entscheidungen der Grundstückseigentümer mit den Systemlogiken der Ver- und Entsorgungsbetriebe konfliktarm zu verbinden.
Hierzu fehlen jedoch einfach zu handhabende integrierte Computermodelle, die es Versorgungsbetrieben erlauben, im Kontext unsicherer wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen den wirtschaftlichen und umweltbezogenen Erfolg, die Co-Benefits und die Risiken zu bewerten, die mit Vorhaben zur sukzessiven Transformation urbaner und regionaler Infrastrukturen verbunden sind.
Kurz erklärt: unsere Modelle
Das Projekt SUSIC strebt an, eine Simulationssoftware (IRPsim) zu entwickeln, in der die ökonomisch und technisch optimierte Infrastrukturentwicklung (IRPopt) mit der durch Haushalte geprägten dezentralen Entwicklung (IRPact) zusammengeführt wird, um so den Infrastrukturbetreibern eine Entscheidungshilfe an die Hand geben zu können.
Projektziel
Ziel des Projektes ist es, durch eine Verknüpfung von fortschrittlichen IT-Verfahren und innovativen Ansätzen aus der Infrastrukturforschung den Erfolg, die Co-Benefits und die Risiken zu bewerten, die mit der Umsetzung von Vorhaben zur Transformation urbaner und regionaler Räume verbunden sind. Thematisch konzentriert sich das Projekt auf die Bewertung integrierter kommunaler und regionaler Infrastruktursysteme zur Bereitstellung von Energie und Wasser sowie zur Entsorgung von Abwasser, die von Akteuren betrieben und im Zeitverlauf durch Investitions- und Rückbauentscheidungen verändert werden.
Die sich aus dem Zusammenspiel der sich zeitlich verändernden demographischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der staatlichen Interventionen zur Förderung der Nachhaltigkeit ergebende Transformation von Infrastrukturen wird mit Hilfe von agentenbasierten und integrierten Modellen analysiert. Das übergeordnete Ziel des Forschungsprojektes besteht darin, die relevanten Entscheidungsstrukturen im Hinblick auf die zukünftig steigenden Anforderungen weiterzuentwickeln.
Dieses Ziel wird durch ein agentenbasiertes Modell für Entscheidungen privater Grundstückseigentümer zu Aufdachphotovoltaikanlagen, sowie einer Modellspezifikation für das Entscheidungsverhalten institutioneller Wohnungseigentümer zu dezentralen Regenwasserbewirtschaftungsanlagen adressiert. Als computergestützte Instrumente dienen diese dem Verständnis und der Bewertung von Transformationsprozessen und -pfaden. Das Modell des Lehrstuhls für Energiemanagement und Nachhaltigkeit zielt auf ein Modell zur Diffusion (Durchdringung des modellierten Systems) von Aufdach-Photovoltaik (Dachsolaranlagen) bei Eigenheimbesitzern in der kreisfreien Stadt Leipzig ab, während der Lehrstuhl für Umwelttechnik und Umweltmanagement die Diffusion von Versickerungsanlagen und Gründächern seitens Wohnungsbaugesellschaften in typischen, regulatorisch heterogenen regionalen Kontexten untersucht.
Diese Arbeiten dienen der Erweiterung der techno-ökonomischen Systemebene der bisher eingesetzten Planungsinstrumente durch eine sozio-ökonomische Akteursebene, die das Verhalten dieser neuartigen Akteursgruppe adäquat abzubilden versucht und in dieser Synthese einen innovativen Ansatz darstellt, mit dessen Hilfe die zukünftige Entwicklung urbaner Energie- und Abwassersysteme analysiert werden kann.
Ansatz
Das Hauptziel des Projektes besteht in der gemeinsamen Entwicklung einer empirisch fundierten, agentenbasierten Simulationsplattform, die als virtuelles Testlabor zur Bewertung neuer Geschäftsmodelle und als Instrument der Risikobewertung dienen kann. Dieses geschieht als Erweiterung des Computermodells IRPopt zur integrierten Abbildung kommunaler Energieversorgungsunternehmen und der dezentralen Technologieadopter in einem sich wechselseitig beeinflussenden System.
Die unter der Beteiligung der Universität Leipzig bearbeiteten Teilprojekte beinhalten (1) die Erstellung einer generischen Plattform zur agentenbasierten Modellierung, (2) die Modellierung des energietechnischen Investitionsverhaltens von (dezentralen) Prosumenten im Strombereich, (3) die Identifikation und Abbildung von ortsnahen Innovationen in der Siedlungswasserwirtschaft sowie (4) die Beschreibung und Modellierung des Entscheidungsverhaltens der Grundstückseigentümer mit Hilfe agentenbasierter Modellierung, (5) die softwaretechnische Realisierung des Modells und seine Einbettung in die bestehende technische Modellinfrastruktur IRPsim sowie (6) die Messung der wirtschaftlichen Effekte auf die regionale Wertschöpfung und den regionalen Arbeitsmarkt.
Nutzen
Energie- und Wasserver- und -entsorgungsunternehmen werden durch die Verwendung der entwickelten Software in die Lage versetzt, den wirtschaftlichen Erfolg und die Risiken zu bewerten, die mit der Umsetzung von Vorhaben zur sukzessiven Transformation urbaner und regionaler Infrastrukturen verbunden sind.
Die Integration der technisch-ökonomischen Optimierungsperspektive zentraler Infrastrukturbetreiber mit der sozio-ökonomischen Simulationsperspektive dezentraler Entscheider stellt einen innovativen Ansatz dar, mit dessen Hilfe die zukünftige Entwicklung urbaner Energiesysteme analysiert werden kann. Hiermit können die Rückwirkung der Investitions- und Verhaltensentscheidungen der kommunalen Akteure sowie der institutionellen Organisationen auf die Performance des Energieversorgungssystems sowie der Abwasserkanalisation erfasst werden. Auf dieser Grundlage können integrative Transformationspfade zur sozio-ökologischen Entwicklung kommunaler Infrastrukturlösungen unter Berücksichtigung der akteursspezifischen Potenziale und technischen Möglichkeiten bewertet und Empfehlungen ausgesprochen werden, inwieweit integrierte techno-ökonomische Modellierungen zielgerichtet eingesetzt werden können, um Maßnahmen zu identifizieren und Gestaltungsmöglichkeiten zu fördern.