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Dogmengeschichten verschiedener Fächer sind bisweilen auf überraschende Weise verknüpft. In den nachvedischen Texten Bṛhadāraṇyaka Upaniṣad, Chāndogya Upaniṣad und Aitareya Āraṇyaka (grob 600 v. Chr.) wird die Eminenz des Atems gegenüber anderen vitalen Kräften (Gehör, Verstand, …) auf verschiedene Weise und in Form kleiner Geschichten aufgezeigt. In einigen dieser Rangstreitfabeln werden dabei verallgemeinerungsfähige Methoden angewandt, wie spätere indische Kommentatoren erkannt haben. Dieselben Methoden sind in der neuzeitlichen ökonomisch-mathematischen Literatur und der soziologischen Literatur angewandt worden, ohne allerdings den Bezug zu den altindischen Texten zu erkennen. Der Mathematiker und Ökonom Lloyd Shapley (Wirtschafts-Nobelpreis 2012) hat 1953 die so genannte Shapley-Lösung eingeführt. Sie ist das wichtigste Lösungskonzept der kooperativen Spieltheorie. Ohne die Shapley-Lösung zu kennen, hat der Soziologe Richard Emerson 1962 seinen vielbeachteten Ansatz über Macht bzw. Abhängigkeit präsentiert. Auch dieser Ansatz ist in Form einer Rangstreitfabel bereits in den Upanishaden vorhanden. Harald Wiese von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät hat diese dogmengeschichtlichen Querverbindungen aufgezeigt. Durch Fördermittel der Universität Leipzig ist der im renommierten Bulletin of the School of Oriental and African Studies erschienene Beitrag „open access“ veröffentlicht (doi:10.1017/S0041977X22000817).